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Der Traum vom See

von Andreas Lindemeier

Der Traum vom See in den Teichwiesen wurde in Hardegsen im 20. Jahrhundert über Jahrzehnte gehegt. Der Flurname »Teichwiesen« deutet darauf hin, dass sich zwischen dem Burgberg und der Niedeck im Mittelalter ein Stauteich befunden hat. Der Chronist Karl Lechte schreibt dazu in der »Geschichte der Stadt Hardegsen«: »Der von der alten Burgmühle am Sportplatz nach der Bahnhofstraße führende schmale Weg läuft auf dem Damm entlang, der sozusagen die Sperrmauer für den Stauteich war.« Das Wasser wurde über den Mühlengraben der Burgmühle unterhalb des Wachturmes zugeführt, was heute noch gut nachzuvollziehen ist. Ferner diente dieser Teich, der leicht verlandete und versumpfte, vortrefflich als zusätzliche Verteidigungsanlage der Burg.

Traum vom See (Signatur sch_0153)

Die Erinnerung an diesen Teich wurde von Generation zu Generation weitergegeben. Die Hoffnung, in diesem Bereich Wasser aufzustauen, wurde in den 1960er und 70er Jahren durch Überlegungen des Wasserwirtschaftsamtes Hildesheim genährt, das erwog, mögliche Wasserrückhaltebecken im Bereich der großen Nebenflüsse der Leine als Hochwasserschutz anzulegen.
Vor diesem Hintergrund trieb in den 1970er Jahren die Stadtverwaltung Hardegsen, allen voran der Stadtdirektor Werner Renner, Planungen voran, einen See und ein Kurgebiet zwischen Hainholz und Niedeck zu schaffen. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass das Land Niedersachsen in seinem Entwicklungsplan für den Fremdenverkehr in diesem Zeitraum Hardegsen als besonders förderungswürdigen Erholungsort eingestuft hatte.

Im Dezember 1965 schrieb Stadtdirektor Renner im Hardegser Stadtanzeiger: « STAUSEE-Entwurf liegt vor. Die Planer haben einen kompletten Entwurf für den Hardegser Stausee mit allen erforderlichen Anlagen wie Eräuterungsbericht und Kostenüberschläge, Ergebnisse der Aufschlussbohrungen und Massenberechnungen vorgelegt. Die Gesamtkosten betragen danach 906.000 DM……. Es wird nunmehr Sache der Verwaltung sein, einen Finanzierungsplan vorzubereiten….. Es bleibt zu hoffen, daß bis zum »Ersten Ruderschlag« und zum Auswerfen der Angeln nicht mehr allzu viel Zeit vergeht.«

Im Fremdenverkehrsprospekt von 1983 war der See sogar als geplant eingezeichnet. Standort sollte das Espoldetal zwischen den Sportplätzen und dem Wildpark werden. Die 31 eingezeichneten Parkplätze auf der Straße »Am Kleekamp« erinnern an die Planungen, deren Umsetzung man mit dem geschaffenen Parkraum schon einmal vorgegriffen hatte.

Der Traum vom See (Signatur li_1151)

Eine weitere Vorwegnahme geschah in den 1970er Jahren, als rechts von der Ertinghäuser Straße, ca. hundert Meter vor der Einmündung in die Bahnhofstraße, Bäume gefällt wurden, um Platz für ein Hotel zu schaffen. Konkrete Planungen lagen noch nicht vor, aber mit der Aktion wollte die Verwaltung wohl dem potenziellen Investor die Lage besonders schmackhaft machen. Das Projekt kam nicht zustande, die kahle Fläche erinnerte aber noch lange an diese übereifrige Aktion.

Planungsgrundlage für derartige Ideen und Umsetzungen war ein Flächennutzungsplan aus dem Jahre 1963, der in den Teichwiesen eine Fläche für einen See vorsah. Vom Kleekamp bis hoch zum Waldrand des Hainholzes zog sich das angedachte »Sondergebiet Kur«: der Standort für ein mögliches Hotel mit Hallenbad, ein Sanatorium, Ferienhäuser und andere Kureinrichtungen, so die kühnen Wunschvorstellungen. In einem Erläuterungsbericht von 1968 heißt es dazu: »Im Kurbezirk sollen ausschließlich Fremdenheime, Pensionen und Hotels entstehen. Auch an den Bau eines Bungalowferiendorfes könnte gedacht werden. Zunächst sind hierfür 5,5 ha ausgewiesen.« Das Areal in den Teichwiesen hatte die Stadt inzwischen erworben und 1980 begonnen, den Rasensportplatz zu erneuern und auf der anderen Espoldeseite einen Hartplatz anzulegen.

Mit dem Datum vom 2.12.1965 hatte die Stadtverwaltung einen kompletten Entwurf für die Anlage eines Stausees erstellen lassen. Ursprünglich waren 906.000 DM an Kosten veranschlagt, die 1977 auf 1.150.620 DM hochgerechnet wurden, als die Stadt bei der Bezirksregierung einen Antrag auf Bezuschussung einreichte.

Es fand eine Begehung unter Einbeziehung des Wasserwirtschaftsamtes und des Leineverbandes statt. Beide Stellen unterstützten die Planungen. Bau- und Verwaltungsausschuss der Stadt hatten nach Aussprachen zugestimmt, das Projekt »Hardegser See« wegen der außerordentlichen Bedeutung für den Fremdenverkehr weiter zu verfolgen.

Auf der Grundlage des Planes von 1963 entwickelte die Stadt ab 1974 nach der kommunalen Gebietsreform in Niedersachsen den Flächennutzungsplan weiter und verabschiedete ihn schließlich im November 1979. Im April wurde er 1980 von der Bezirksregierung mit Änderungs- und Ergänzungsauflagen zurückgegeben. Im Oktober beschloss der Rat den angepassten Plan erneut und legte ihn für Stellungnahmen einen Monat lang öffentlich aus. Kernstück des Planes waren weiterhin die Flächen für einen See und für das »Sondergebiet Kur« am Kleekamp.

Gegen diesen Plan gingen 793 Unterschriften bezogen auf das »Sondergebiet Kur« und 93 Unterschriften bezogen auf die »Anlage eines Sees« ein. Rechnet man etliche ungültige Unterschriften ab, war es eine enorme Anzahl von Bürger_innen, die keine Bebauung am Kleekamp wollten, zumal diese Fläche Teil des Landschaftsschutzgebietes war. Auch das Forstamt Hardegsen und der Bund für Naturschutz und Landschaftspflege meldeten grundsätzliche Bedenken an.
Es bildete sich eine Bürgergruppe Umweltschutz, deren Sprecher der Ratsherr Maurer war. Ziel war es, die gewünschte Bauleitplanung, »die nur einem kleinen Personenkreis kommerzielle Vorteile bringt« (Flugblatt Bürgergruppe), zu verhindern und »die offene Landschaft im Espoldetal zwischen Stadtrand und Wald als Naherholungsraum zu erhalten.«

Auch in einer Mitgliederversammlung des CDU-Stadtverbandes im Januar 1981 sprach man sich vor allem gegen eine Kleekamp-Bebauung mit Ferienhäusern und ähnlichen Erholungseinrichtungen aus.

Der Rat beschloss am 30.3.1981 den Flächennutzungsplan, nahm aber das »Sondergebiet Erholung und Kur« heraus, weil landschaftsschutzrechtliche Festsetzungen entgegenstanden.

In einem Flugblatt der CDU vom 22.8.1981 heißt es: »Auf dem ‚Hardegser Stausee› liegt Eis! In absehbarer Zeit ist dieses Projekt überhaupt nicht zu finanzieren.«

Bis Anfang 1984 ruhte die öffentliche Diskussion um den See. Zwischenzeitlich hatte der Landkreis Northeim am 3. August 1981 die wasserbehördliche Erlaubnis für einen Stausee beantragt.
Da in den Ratsgremien kein großes Interesse vorhanden schien, die Planung des »Hardegser Sees« zu forcieren, wurde am 2. März 1984 der »Förderverein Hardegser See« gegründet, der zum Ziel hatte, in Zusammenarbeit mit der Stadt Hardegsen und den entsprechenden Behörden eine Wasserfläche in den Teichwiesen anzulegen. Zum Vorsitzenden wurde Stadtdirektor Werner Renner, zu seinem Stellvertreter der ehrenamtliche Bürgermeister Hans-Joachim Gärner gewählt. Vereinsvorsitzender und Stadtdirektor sollten jetzt zusammenarbeiten. Die Kommunikationswege waren ungewöhnlich kurz, denn ein und dieselbe Person bekleidete beide Ämter. Durch die Vermischung der Rollen und der Interessen war lange Zeit bei den oberen Dienstbehörden der Eindruck erweckt worden, der Rat betreibe zielgerichtet die Planung für die Schaffung eines Sees. Dem war aber nicht so.

Im Gegensatz zu früheren Jahren schlug dem Stadtdirektor jetzt bei seinem Versuch, seine Vorstellungen durchzusetzen, starker Widerspruch entgegen. Die gegründete Bürgergruppe war nicht nur mit kompetenten Fachleuten besetzt, sondern auch gut mit den Genehmigungsbehörden vernetzt.

Mitte März 1984 erläuterte die Bürgergruppe in einer Pressekonferenz ihre Hauptargumente gegen den See. Die Gründungsmitglieder Diplomingenieur Gregor Ruthemöller, Forstdirektor a.D. Dr. Karl Möhring und FDP-Ratsherr Gunnar Benter stellten detailliert die große Gefahr einer Verlandung, Verschlammung und Verschmutzung einer aufgestauten Wasserfläche in den Teichwiesen vor.
Auch der Verschönerungs- und Heimatverein Hardegsen äußerte Kritik am geplanten See. In der Mitgliederversammlung wurde auch das Argument einer wahrscheinlichen Verschlammung genannt und darauf hingewiesen, dass noch nicht einmal der erst kürzlich angelegte kleine »Schwanenteich« am Schwarzen Weg unterhalb der Bahnhofstraße von Sedimenten freigehalten werden könne. Heute ist er nach gut 40 Jahren komplett verlandet und zugewuchert.

Im April 1984 deutete der Sprecher der Bürgergruppe, Dr. Möhring, einen möglichen Kompromiss an. Die Hessisch-Niedersächsische Allgemeine zitierte ihn: »Wenn aber die Stadtverwaltung und Rat einen dauerhaft sauberen See garantieren können und eine Bebauung des Landschaftsschutzgebietes »Vor dem Hainholze« verhindert wird, steht auch die Bürgergruppe dem Projekt nicht mehr im Wege.«

Viele sahen in dieser Phase der Auseinandersetzung nicht die Gestaltung einer Wasserfläche im Vordergrund, sondern finanzielle Interessen, das Gebiet am Kleekamp zu bebauen und daran zu verdienen. Welche Probleme dabei entstehen können, wenn eine Ferienhausbebauung aus den Ruder läuft, sah man an der Entwicklung des sogenannten »Ferienhausgebietes auf der Weper« bei Nienhagen. Es war als reine Siedlung für Feriengäste und Wochenendgäste geplant und entwickelte sich bald zu einem festen Wohngebiet in bevorzugter Lage.

In der Ratssitzung Anfang Juni 1984 wurde von den verschiedenen Fraktionen deutlich gemacht, dass der Stausee aktuell kein Thema sei, da eine Finanzierungsmöglichkeit nicht gegeben sei. Allerdings ging es dem überwiegenden Teil des Rates nur um die Finanzierung, nicht aber um Aspekte des Landschaftsschutzes. So stimmte der Rat in dieser Sitzung auch gegen den Antrag der Gruppe FDP/Grüne, das »Sondergebiet Kur und Erholung« endgültig aus dem Flächennutzungsplan zu nehmen, um damit eine Bebauung auszuschließen.
Im Frühjahr 1986 legte der »Förderverein Hardegser See« einen ersten konkreten Planungsentwurf vor. Dieser sah zwei Seen vor, einen großen mit einer Anstauhöhe von 2,5 Metern direkt hinter dem Hart-Sportplatz, 28.000 m3 Kubikmeter fassend, und einen kleineren Vorstausee, kurz vor dem Wildpark, mit einem Meter Anstauhöhe und 3.200 m3 Wasser fassend. Der Verlauf der Espolde sollte unter dichtem Baumbestand erhalten bleiben, von den Seen durch einen Damm geschützt. Südlich des Baches sollte eine Flutmulde geschaffen werden, in der sich die Espolde frei bewegen konnte.

Die Füllung der Seen sollte oberhalb aus der Espolde einmalig erfolgen, ansonsten sollte später lediglich die verdunstete Wassermenge der Seen aus der Espolde bei Hochwasser aufgefüllt werden.

Der Traum vom See (Signatur li_1152)

Planentwurf für die Anlage von zwei Seen

Die folgenden kontroversen Auseinandersetzungen drehten sich zugespitzt um die Frage: Wird hier ein Teich oder ein Sumpf geschaffen? Der Förderverein schloss toxische Faulschlammbildung, den Eintrag von nährstoffreichen Schwebeteilen und eine starke Erwärmung der Gewässer aus. Der große Teich sei tief genug, das vorgelagerte Absatzbecken fange die Sedimente auf und müsse bei Bedarf ausgebaggert werden. Die Bürgergruppe zog konträre hydrologische Schlussfolgerungen.

Im November 1987 stellte der Förderverein den Antrag, ein Planfeststellungsverfahren zur Anlegung von Wasserflächen im Espoldetal einzuleiten. Am 27.11.1987 befasste sich der Umweltausschuss der Stadt mit dem Problem, um dem Rat der Stadt eine Beschlussempfehlung zu geben. Während sich die beiden SPD-Vertreter der Stimme enthielten, votierten die beiden CDU-Vertreter gemeinsam mit der Vertreterin der Grünen gegen den Bau. Die Teiche allein würden nicht zur Bildung einer intakten Ökologie beitragen. In dieser Sitzung wurde auch deutlich, dass die Kosten für die Baumaßnahme eher geschätzt als sachlich präzise veranschlagt wurden.

Am 30.11.1987 tagte dann der Fremdenverkehrs-, kultur- und Wirtschaftsausschuss zu der Frage. Der Ausschuss empfahl das Vorhaben, da die beiden SPD-Ratsherren dafür stimmten und die drei anderen Ratsherren sich der Stimme enthielten.
Die Bürgergruppe stellte in einem Flugblatt noch einmal ihre Hauptargumente gegen den Teich auf: Sedimenteintragung, Verlandung, Faulschlammbildung, trockenfallende Uferzonen, Mückenplage.

Am 14.12.1987 kam es dann zu der Ratssitzung. Im Vorfeld legte der Architekt und Bürgermeister Hans-Joachim Gärner kurzfristig sein Amt als stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins nieder. Als bisheriges Mitglied konnte er sich bisher in den Ratsgremien wegen Befangenheit nicht einbringen. Da eine enge Abstimmung erwartet wurde, trat Gärner als Vorstandsmitglied im Förderverein zurück. »So ist er wieder ‚frei› und kann in der Ratssitzung mitwirken und für die Teiche stimmen,« Zitat aus der HNA. Stadtdirektor Renner konnte an der Abstimmung über den betreffenden Tagesordnungspunkt wegen Befangenheit nicht teilnehmen.

Das Ergebnis: Von den 19 anwesenden Ratsmitgliedern stimmten 10 mit Nein, 7 mit Ja und zwei enthielten sich. Somit fiel die Stellungnahme der Stadt Hardegsen zum Planfeststellungsverfahren Hardegser See negativ aus.

Die Bürgergruppe reichte eine 10seitige Stellungnahme zum Planfeststellungsverfahren ein. Gleichzeitig reichte die Bürgergruppe einen sehr detaillierten Renaturierungsvorschlag für das Espoldetal ein, das vom Landkreis Northeim aus landespflegerischer Sicht begrüßt wurde.

Der Förderverein gab sein Ziel, die Hardegser Teiche anzulegen, nicht auf und forcierte noch einmal das Planfeststellungsverfahren, über das noch nicht durch den Landkreis Northeim entschieden war.
Am 8. Mai 1989 kam es zu einem Anhörungstermin im Sitzungssaal der Kreisverwaltung, zu dem zehn betroffene Institutionen und ein Ehepaar, das Einwände eingereicht hatte, eingeladen waren. Hier wurde am Ende der Sitzung noch einmal angemerkt, dass der Landkreis Northeim bisher noch keine ablehnende Haltung der Stadt Hardegsen in der Sache erhalten habe.

Mitte 1989 schreiben der Bund für Umwelt und Naturschutz, der Deutsche Bund für Vogelschutz, die Landesjägerschaft und als Einzelpersonen das Ehepaar Birgitt und Andreas Lindemeier einen Brief an den Regierungspräsidenten in Hildesheim, in dem ausgedrückt wurde, dass die Unterzeichnenden die fundiert aufgelisteten Einwände gegen die Anlage einer Hardegser Seenlandschaft voll unterstützen. Sie baten darum, die Rolle der Stadt Hardegsen zu überprüfen, die Ablehnung des Hardegser Stadtrates zur Kenntnis zu nehmen und das Planfeststellungsverfahren einzustellen.

Im Juli 1989 äußerte sich der in Hardegsen wohnende Geowissenschaftler Dr. Friedmut Lehmeier zu dem Planungsvorhaben. In einem Leserbrief im Stadtanzeiger schrieb er: »Das unbestreitbare Ergebnis aus geowissenschaftlicher Sicht zur Standortfrage der geplanten Hardegser Seen lautet: Die geplanten Seen wären naturraumwidrig. Zum gleichen Ergebnis kommt die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Northeim in ihrer Stellungnahme vom 20.8.1987, in der sie die geplanten Hardegser See als ‚Fremdkörper in der Landschaft› bezeichnet.«

Im Sommer 1989 legten die Bürgergruppe und das Institut für allgemeine und angewandte Ökologie in Hardegsen Alternativvorschläge zur Gestaltung der Teichwiesen vor. Die Renaturierung der Fläche zielte auf eine lichte Auenlandschaft mit Mäandern, Altarmen, Flutmulden und einen Auenlehrpfad. Der Plan der Bürgergruppe wurde der Stadt offiziell übergeben. Allerdings haben sich die Ratsgremien nie damit beschäftigt.

Der Traum vom See (Signatur li_1153)

Planentwurf für eine Renaturierung

Irritationen gab es dann, als die Zeitung HNA 1991 berichtete, dass die negative Stellungnahme der Stadt von 1987 nie beim Landkreis Northeim als Entscheidungsträger angekommen sei. Deshalb ging die Northeimer Verwaltung jahrelang von der positiven Herstellung des Einvernehmens aus, was allerdings nicht im Sinne des Rates der Stadt Hardegsen war. Derartige Ungereimtheiten und Verstrickungen in dem nun lange laufenden Planungsprozess kosteten Vertrauen bei den Genehmigungsbehörden.

Ende Juli 1991 beschäftigte sich erneut der Umweltausschuss des Rates mit den Anregungen und Bedenken, die im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zu den geplanten Seen eingegangen waren. Positiv äußerte sich im Ausschuss nur Bürgermeister Hans-Joachim Gärner weiterhin zur Anlage einer Wasserfläche. Die HNA schrieb: »Immerhin wurde Einvernehmen darüber erzielt, dass die jetzt geäußerten Anregungen und Bedenken an den Landkreis Northeim weitergeleitet werden.«
Mittlerweile hatte der Förderverein ca. 30.000 DM in Planungsunterlagen für das See-Vorhaben investiert.

Am 17.9.1992 fand ein erneuter Erörterungstermin mit allen an diesem Prozess beteiligten Personen und Institutionen in der Kreisverwaltung Northeim statt. Auch hier ließ sich nicht die Frage klären, ob der Hardegser See eine Bereicherung der Landschaft oder eine Störung und Gefährdung sei. Die konträren Fronten blieben unverändert: Die zuständigen Fachbehörden des Landkreises waren für den See, ebenso Leineverband, Wasserwirtschaftsamt und einige andere Stellen, die keine Bedenken äußerten. Eine Ablehnung kam von etlichen Naturschutzgruppen, von der Hardegser Bürgergruppe und vor allem von der Bezirksregierung Braunschweig als Oberer Naturschutzbehörde, die durch das Projekt einen erheblichen Eingriff in den Gewässerverlauf der Espolde sah und eine Störung des Landschaftbildes befürchtete. Sie urteilte, dass der geplante See im Widerspruch zum Niedersächsischen Naturschutzgesetzes stehe. In Flußauen seien angelegte Teiche absolut untypisch. Es wurde angekündigt, die Espolde-Aue 1993 unter Schutz zu stellen.
Am 15.2.1993 schließlich lehnte der Landkreis Northeim den Antrag des Fördervereins auf Planfeststellungsbeschluss ab. Dagegen klagte der Förderverein beim Verwaltungsgericht, das allerdings die Klage am 12.4.1994 unanfechtbar zurückwies. Am 28.4.1994 teilte der Oberkreisdirektor des Landkreises Northeim allen Beteiligten mit: »Mein Beschluss vom 15.2.1983 ist somit bestandskräftig. Das Planfeststellungsverfahren ist beendet.«

Still ruht seitdem das Espoldetal, lediglich durch einige Hochwasser aufgewühlt. Die werden aber seit Herbst 2002 abgemildert, als das angelegte Regenrückhaltebecken an der Pohlsburg eingeweiht wurde. Bei drohendem Hochwasser können hier temporär 60.000 Kubikmeter Wasser aufgestaut werden.

Das Gebiet der Teichwiesen und des Kleekamps ist bis heute unverändert und zählt zu den beliebtesten Naherholungsgebieten der Stadt. Lediglich die Parkbuchten am Kleekamp erinnern an frühere Planungen.

Lektorat Susanne Hösel